Nicht vor etwas weglaufen, sondern zu etwas hin – das ist die Botschaft von Oana Madalina Miròns neuem Roman „Meerhabilitation“. Wir haben die Autorin im Interview nach ihren individuellen Kraftorten zum Schreiben, Schaffen und Sein gefragt.

„Ich hatte mich selbst nie aufgegeben, das war für mich keine Option gewesen.“ Starke Sätze, starke Botschaften und eine starke Frau sprechen aus Oana Madalina Miròns Roman „Meerhabilitation“. Der Debütroman der Autorin ist nicht nur eine wortgewaltige Reise durch den Inselstaat Island, sondern auch zu sich selbst. Denn die bewegende Geschichte von Hauptprotagonistin Tessa, die alleine nach Island aufbricht, um die Geister der Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben anzufangen, konfrontiert Leser*innen mit existentiellen Sinnfragen. Wer bin ich? Bin ich bereit, Risiken einzugehen? Welche Beziehung habe ich zur Natur? Kenne ich meine Kraftorte? Und wie gehe ich mit Krisen um?
Diesen Fragen sind wir im Interview mit Oana Madalina Miròn ebenso nachgegangen wie ihren persönlichen Beweggründen zum Schreiben. Der Einblick in die Lebensweisheit der Schriftstellerin, ihr Mut und ihr Urvertrauen ins Universum lassen verstehen, wie sie eine Figur wie Tessa, die aus ihren Lebensumständen ausbricht wie eine Naturgewalt, erschaffen konnte. „Das Tun versetzt Berge, nicht der Glaube“, sagt Oana und macht damit Mut zum Aufbruch ins Leben. Denn der eigentliche Kraftort unseres Seins liegt in uns selbst.

Nordlichter und Sommernachtssonne – wenn man Ihr Buch liest, begibt man sich auf eine Reise nach Island. Welchen Bezug haben Sie selbst zu dem Inselstaat?
In der Tat habe ich eine sehr innige und besondere Beziehung zu Island. Vor einigen Jahren durfte ich mit meinem Mann nach Island reisen und habe mich augenblicklich verliebt. Die außergewöhnliche Landschaft, die unberechenbare Natur sowie auch die Menschen dort, machen Island für mich persönlich zu einem der schönsten Plätze dieser Welt. Bald werde ich mit meiner Familie wieder dort sein und womöglich nicht mehr zurückkommen. (lacht)
Ihre Hauptfigur Tessa ist Meeresbiologin, die sich dem Schutz von Delfinen und Walen verschreibt. Der Mann, in den sie sich verliebt, ist Tierarzt. Sind Tiere ein wichtiges Thema in Ihrem Leben?
Wie schon Arthur Schopenhauer einst gesagt hat: „ Seitdem ich die Menschen kenne, liebe ich Tiere“. Eigenartigerweise kann ich Herrn Schopenhauer sehr gut verstehen. Ich bin schon immer mit Fellnasen aufgewachsen und kann mir ein Leben ohne Tiere gar nicht vorstellen. Besonders auf den Tierschutz lege ich persönlich sehr großen Wert, wie zum Beispiel tierversuchsfreie Kosmetika und Körperpflegeartikel oder auch die Unterstützung diverser Tierschutzorganisationen. Da Flora und Fauna nicht für sich selbst sprechen können, müssen wir ihnen eine Stimme geben.
Durchschnittlich werden in Österreich pro Monat mehr als zwei Frauen Opfer von Femizid. Gewalt gegen Frauen ist ein ernstes und nach wie vor weit verbreitetes Problem. Warum war es Ihnen ein Anliegen, dieses Gewaltphänomen in Ihrem Buch zu thematisieren?
Tabuthemen liegen mir sehr am Herzen, da diese oft unter den Teppich gekehrt oder auch ignoriert werden. Besonders in der jetzigen, schwierigen Pandemiezeit, in der wir nur allzu oft in den Nachrichten von Gewaltverbrechen hören, muss dieses Thema einfach ans Licht gebracht werden. Ich persönlich hatte das Glück, noch nie mit Gewalt konfrontiert zu werden. Doch die Wirklichkeit sieht leider ganz anders aus. Diese Frauen müssen erhört und aufgefangen, unterstützt werden. Wenn ich nur einem einzigen Opfer mit meinem Buch Mut zusprechen und auf irgendeine Weise helfen kann, dann habe ich alles erreicht, was ich wollte. Dann habe ich das Buch genau für diese eine Person geschrieben.

Mit »Meerhabilitation« haben Sie einen eindrucksvollen Debütroman veröffentlicht. Wann ist in Ihnen die Idee entstanden, ein Buch zu schreiben?
Ehrlich gesagt, entstehen meine Geschichten während des Schreibens. Es ist ein Prozess, der ganz langsam entsteht. Ich wusste zwar schon immer, dass ich über Tabuthemen schreiben möchte, doch die Story kam einfach nach und nach. Spontaneität und Bauchgefühl erzählen oft die schönsten Geschichten.
Ihr Roman wird aus den Perspektiven verschiedener Protagonist*innen erzählt. Wieso haben Sie sich für die Multiperspektive entschieden?
Ich versetze mich generell gerne in anderen Menschen und versuche oft, ihre Ansichtsweise zu erkennen, deswegen die Multiperspektive. Ich finde es auch aufregend, mal eine andere Person zu sein, anders auszusehen oder auch anders zu handeln, auch wenn nur auf Papier. Das macht richtig Spaß!
Wir als Verlag sind sehr stolz, ein so vielschichtiges und wichtiges Buch wie Ihres verlegt haben zu dürfen. Welche Erfahrungen mit dem Novum Verlag sind Ihnen positiv in Erinnerung geblieben?
Ich muss gestehen, ich bin sehr positiv überrascht. Der Verlag und ich hatten von Anfang eine sehr gute Zusammenarbeit. Mir als Autorin, wurden von Seiten des Verlags sehr viele Freiheiten gelassen. Ich konnte in so vielen Punkten mitsprechen und mitentscheiden, durfte meine Ideen einbringen und sogar beim Cover wurde mir vollkommen freie Hand gelassen. Ich bin sehr zufrieden mit der Betreuung und kann den novum Verlag nur wärmstens weiterempfehlen. Besonders Frau Jessica Winkler, meine Autorenbetreuerin, hat viel Geduld bewiesen und ich muss ihr an dieser Stelle ein großes Lob aussprechen!

Ihre Hauptfigur Tessa stellt sich immer wieder ihren Ängsten und wächst über sich selbst hinaus. Warum lohnt es sich, Risiken einzugehen?
Im Leben lohnt es sich immer Risiken einzugehen, oder? No risk, no fun!
Glauben Sie, es ist möglich, vor seiner Vergangenheit zu fliehen?
Das ist eine sehr schwierige Frage, die ich nicht so leicht beantworten kann. Ich denke, wenn man alles daran setzt und Mut beweist, wie in dem Fall meiner Hauptprotagonistin, kann man sehr wohl der Vergangenheit entfliehen. Dieses „Handeln“ ist allerdings auch oft von der eigenen Person abhängig. Viele Menschen stehen sich selbst im Weg. Ich bin der Meinung, dass das Tun und nicht der Glaube Berge versetzen kann. Einfach tun.
Das Leben ist ein ewiger Lernprozess. Ihr Buch macht Mut, zu vertrauen. Welche Botschaft würden Sie einem Menschen geben, den der Lebensmut verlässt?
Danke für diese schöne Frage, die ich nur allzu gern beantworte. Ich denke, man sollte im Leben niemals aufgeben. Egal wie schwer es scheint, egal wie aussichtslos die Situation auch oft sein mag, es gibt immer einen Ausweg. Auch ich bin oft im Leben hingefallen, bin aber jedes Mal umso entschlossener wieder aufgestanden. Meine Devise heißt: hinfallen, aufstehen, Schwert ziehen – nicht Krönchen richten – und weiter in den Kampf.
»Meerhabilitation« war Ihr erstes Buch. Dürfen wir uns auf ein weiteres Werk aus Ihrer Feder freuen?
Ja, natürlich! Ich habe mein zweites Buch bereits angefangen und es wird hoffentlich gegen Ende des Jahres veröffentlicht. Das Schreiben ist für mich mein Rückzugsort, mein Ausgleich zum stressigen Alltag und meine große Liebe. Ich habe nun Blut geleckt und kann nicht mehr aufhören!
Vielen Dank für das Gespräch!
Über die Autorin

Oana WENINGER (Mädchenname Oana Madalina Mirón) wurde 1979 in Bukarest geboren und wollte schon als Kind nur eines: Romane schreiben! Spannende Geschichten, vor allem Tabuthemen sollten ans Licht gebracht und thematisiert werden. Mit „Meerhabilitation” hat sich die Autorin ihren großen Lebenstraum erfüllt und endlich ihren ersten Roman auf Papier gebracht. Inspiration findet die Autorin in der Natur, beim Fotografieren, Wandern, aber vor allem in den Bergen und auf Reisen. Ihre Liebe zu Island ist unverkennbar. Sie lebt mit ihrem Mann und den zwei Kindern in der grünen Steiermark in der Nähe von Graz.
Wenn Sie tiefer in Oanas Leben eintauchen und die Veröffentlichung ihres nächsten Romanes auf keinen Fall verpassen wollen, dann folgen Sie der Autorin doch auf Instagram!
Über das Buch

Eine Flucht, eine Liebe, ein Glück: dies vereint der packende Roman von Oana Madalina Mirón. Tessa fängt in Island ein komplett neues Leben an. Dort verliebt sie sich in Raik, der ihre große Liebe wird, doch ihre dunkle Vergangenheit ist ihr dicht auf den Fersen.
„Meerhabilitation“
Oana Madalina Miròn
232 Seiten
ISBN: 978-3-99131-027-3
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