Dialoge führen ist einfach, Dialoge schreiben schon weniger. Mit diesen Tipps und Übungen bleiben Sie sicher im Gespräch.

„Jedes literarische Werk steht und fällt mit der Glaubwürdigkeit seiner Figuren“, schreibt Lajos Egri, Drehbuch-, Theater- und Romanautor, in seinem Autorenratgeber „Literarisches Schreiben“. Einen essentiellen Beitrag zur Authentizität von Romanfiguren leisten Dialoge. Anders, als in der Schule vermittelt, erfüllen Dialoge in einer Geschichte aber wesentlich mehr Funktionen als Lebendigkeit und narrative Durchdringung. Dialoge konzipieren nämlich nicht nur Handlung, sondern auch und vor allem Figuren. Was Autoren auf den ersten Blick als Automatismus erscheint, erweist sich während des Schreibens manchmal als Fron. Denn Dialoge bergen mehr Fehlerpotential, als vermutet. Vor allem beim Korrekturlesen stößt man auf Gespräche, die gleichtönig klingen und in der sich eine Figur nicht mehr von der anderen unterscheiden lässt. Plötzlich erhebt sich das kleine Wörtchen sagte zum Symbol der Wortwiederholung. Oder den Lesern geht vor lauter Langatmigkeit noch vor den letzten Anführungszeichen die Luft aus. Dabei haben Dialoge, wenn man ihre Kunst erst beherrscht, die Kraft, eine Geschichte und ihre Figuren nicht nur zu plausibilisieren, sondern auch, sie zu bewegen. Darüber hinaus verfügen Unterredung, Liebesgeflüster und Streitgespräch über die angenehme Eigenschaft, Ihre Leser zu halten. Der wünschenswerte Nebeneffekt liegt schon in der Natur des Begriffs – Unterhaltung. Ganz gleich ob Konsens oder Dissens, das Auge des Lesers scannt die Seiten immer schon nach den nächstes Guillemets. Doch wie gelingt der gute Dialog? Und wie bringen Sie die Seele ihrer Figuren zwischen nicht mehr als zwei Satzzeichen authentisch aufs Papier? Wir vom novum Verlag verraten Ihnen sechs Tipps zur Verbesserung und Verfeinerung Ihrer Dialoge.

1. Ausdruck und Authentizität
Ihre Figur braucht vor allem eines – Authentizität. Diesen Effekt erreichen Sie durch Sprache und Ausdrucksfähigkeit. Wie echte bedienen sich auch fiktive Menschen einer ganz eigenen Sprache. Wortwahl und Jargon drücken mehr als, als nur das Gesagte. Die Artikulationsgabe einer Figur gibt zum Beispiel Aufschluss über ihre Bildung. Schon ein einziges Wort vermittelt Ihrem Leser eine Information darüber, mit wem er es zu tun hat. Aus dem Munde einer Kuratorin klingt der Manierismus zum Beispiel nach Bildung und Kultur. Ausgesprochen von einem Taschendieb im Kreuzverhör wirkt der Begriff eher verfehlt. Es sei denn, Sie wollen bewusst einen raffinierten Kunsträuber kultivieren. Ein solcher verfügt sehr wohl über Kenntnisse seines Metiers. Achten Sie also auf den Ausdruck einer Figur, um sie authentisch zu gestalten. Verfallen Sie dabei aber nicht dem Klischee und vermeiden Sie nach Möglichkeit Stereotypisierungen und Plattitüden.
2. Akzent
Ein prägnanter Akzent kann Figuren, die Sie deutlicher machen wollen, zu mehr Schärfe verhelfen. Figuren, die mit Akzent sprechen, prägen sich leichter in das Gedächtnis Ihrer Leser ein und haben hohen Wiedererkennungswert. Akzent ist ein nützliches Instrument, um Figuren einzuführen, die im Laufe der Handlung verschwinden, nur um später wiederaufzutauchen. Ihr Publikum wird sich aufgrund der einmaligen Ausdrucksweise schnell wieder an die in den Hintergrund geratene Figur erinnern. Hauptcharakteren hingegen sollten Sie keinen oder nur einen leichten Akzent in den Mund legen. Auf Dauer kann es sehr anstrengend sein, den strengen Akzent einer Person zu entschlüsseln. Wenn Sie den Background Ihrer Hauptfigur aber unbedingt betonen wollen, dann beschränken Sie sich auf einzelne Wörter, die wiederholt in die Dialoge eingestreut werden. Beispiele für solche Wörter könnten zum Beispiel „Jesses“ für eine jüdische oder „Oida“ für eine Figur aus Wien sein.
3. Inquit Formel
Die Redeein- bzw. –ausleitung erfolgt in der Regel mit einem Nomen oder Pronomen, das den Sprecher angibt, sowie einem Verb. In den Schulaufsätzen sah das zum Beispiel so aus: „Der Vater sagte […]“ oder „[…] antwortete der Polizist.“ Vor allem Neuautoren versuchen manchmal verzweifelt jedem noch so kleinen Nebensatz ihren Schreibstil aufzuzwingen. Für das Wörtchen „sagen“ werden dann so originelle Synonyme wie „resümieren“, „psalmodieren“ oder „konstatieren“ verwendet. Verzichten Sie auf Sprachexperimente. Kaum etwas stört den Lesefluss so sehr wie ein überheblicher Begleitsatz: „Dann hat der Bruder für die Tatzeit also kein Alibi“, konstatierte der Polizeibeamte. Entscheiden Sie sich im Zweifelsfall immer für die einfachere, gleichsam elegantere Variante. Verben wie „sagen“ werden vom Publikum ohnehin überlesen. Natürlich sind auch Synonyme zulässig, doch entwickeln Sie ein Gespür dafür, wo sie an- und wo sie unangebracht sind.
4. Handlungsfortschritt
Für jede Seite, jedes Kapitel, jeden Absatz und auch jeden Dialog gilt die entscheidende Frage: „Bringt dieser Abschnitt meine Handlung voran?“ Diese Frage ist die Existenzberechtigung für Ihren Text, folglich auch für Ihre Dialoge. Wenn ein Gespräch zwischen Ihren Hauptfiguren weder Wesentliches über die Figuren, ihre Beziehung noch über die Handlung preisgibt, dann streichen Sie es. Nichts liest sich langatmiger als eine Textpassage, die keine Neuinformation enthält. Wenden Sie dieses Ausschlussprinzip schonungslos auf jedes noch so sprachliche Juwel an, wird Ihre Handlung automatisch straffer und spannender sein.

5. Kulisse
Setzen Sie Ihre Dialoge in Szene! Fiktion lebt von Fantasie. Unterstützen Sie die Vorstellungskraft Ihrer Leser und gestalten Sie eine Kulisse für den Dialog. Wenn sich zwei oder mehr Menschen miteinander unterhalten, geschieht das selten in einem sterilen, erstarrten Umfeld. Unterfüttern Sie auch Gesprächssituationen mit Handlung. Gestik und Mimik beleben Gespräche. Ein schmunzelnd Gesagtes „Bist du dir sicher?“ ist nicht vergleichbar mit einem, bei dem die Stirn in Falten liegt. Der Frühstücksdialog wird vielleicht vom Gurgeln der Kaffeemaschine begleitet, während beim Blind Date beim Italiener Gläser, Teller und Gabeln scheppern. Versetzen Sie sich genau in die Gesprächssituation und teilen Sie Ihre Imagination mit Ihren Lesern!
6. Zeichensetzung
Befassen Sie sich unbedingt schon vor dem Schreiben mit der Typografie. Satzzeichen erst beim Korrekturprozess zu überarbeiten ist eine einzige Geduldsprobe. Veraltet ist der Rückgriff auf doppelte Anführungszeichen, „[…]“. In Deutschland und Österreich haben sich mittlerweile die französischen Guillemets etabliert: »[…]«. In der Schweiz kennzeichnen zwar auch die Guillemets die Direkte Rede, die Spitzen zeigen allerdings nach außen: «[…]». Englische Gespräche existieren zwischen einfachen Anführungszeichen: ‘[…]’. Und im Falle absoluter Unsicherheit erkundigt man sich am besten bei seinem Verlag. Vernachlässigen Sie auch nicht die Absatzregeln. Generell gilt, dass jedes Mal, wenn jemand anderer am Wort ist, ein Absatz gesetzt wird. Berücksichtigen Sie diese Regeln von Beginn an und Sie ersparen sich am Schluss viel Zeit und Arbeit.

Übung: Dialoge schreiben
Das Schreiben starker Dialoge ist – wie alle Sprachbausteine des kreativen Schreibens – eine Frage der Praxis. Eine Möglichkeit, sich in der Kunst der Dialoge zu üben, ist, spielerisch mit Ihren Figuren in den Dialog zu treten. Diese Übung bringt den Vorteil, dass Sie nicht nur Ihre Technik verbessern, sondern auch noch Ihre Figur besser kennenlernen. Treten Sie am Papier in ein Zwiegespräch mit Ihrer Hauptfigur. Stellen Sie Ihr Fragen, lassen Sie sie antworten und einen authentischen Gesprächsfluss entstehen. So schärfen Sie nicht nur Ihren Stil, sondern auch das Profil Ihrer Figuren.
Mehr Schreibübungen für jeden Tag finden Sie übrigens in diesem Beitrag. Und welche Tipps können Sie zum Schreiben von Dialogen empfehlen? Hinterlassen Sie uns Ihre Erfahrungswerte in den Kommentaren!
Lassen Sie Ihrer Tastatur freien Lauf,
Ihr novum Verlag
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