Schriftsteller sucht Seelenverwandte – wir stellen Ihnen vier Liebespaare der Literatur vor.  

Schriftsteller sind Menschen von eigenem Schlag. Deutlich wird dieses Phänomen am Beispiel der größeren Genies. Von Fall zu Fall scheint es, als würde eine erhöhte Sensibilität der Sinne die Wortartisten in den Wahnsinn treiben. Während die einen Kraft aus ihrer allzu sensitiven Sensorik schöpfen, zerbrechen andere an ihr. Wo Hermann Hesse sich dem Freitod widersetzte, erlag Stefan Zweig seiner Verlockung. Zu viel Zwist, der sich in einer einzigen Seele zuträgt. Manche finden Erleichterung im Papier, manche im Alkohol – und manche in der Suche nach Gleichgesinnten, nach Seelenverwandten, die die Marter des Genies nachempfinden können.

Literarische Liebespaare

Nicht umsonst hat die Kunst einige der bekanntesten, romantischsten, aber auch tragischsten Liebespaare hervorgebracht. Die Schwelle von der Liebe zum Leiden scheint bei einigen Paaren so überschreitbar zu sein, wie die vom Genie zum Wahnsinn. Kurzum, es ist die Leidenschaft, die vielen dieser Künstlerbeziehungen, insbesondere den Schriftstellerbeziehungen, gemein ist. Geteilt werden nicht nur Inspiration, Empfindungen und Erfahrung, sondern auch die Schattenseiten der Gabe. Und manchmal, wie im Fall von Francis Scott und Zelda Fitzgerald, streiten sich die Liebenden sogar um die besten Geschichten. Klar, denn Erlebtes bietet reichlich Stoff zur Erzählung – jedoch nur für einen, und nicht gleich für zwei ehrgeizige Erzähler. Neben Konkurrenz und Wetteifer prägen aber auch andere Elemente die Paarbeziehung von Autoren. Was wirklich zählt, ist das Verbindende. Es sind die Gemeinsamkeiten, die die romantischsten Konstellationen der Geschichte geprägt haben. Welche Schriftsteller einander als Ebenbürtige, Gleichgesinnte, Musen, Kritiker, Gegenspieler, Korrektiv, Imperativ, Vorbilder, Verehrer und Versteher Avancen gemacht haben, verraten wir vom novum Verlag mit vier Beispielen zum Verlieben. Der überbordende Nachlass an Liebesbriefen erleichterte die Recherche übrigens erheblich.

Francis Scott Fitzgerald und Zelda Fitzgerald

Das Schillerndste in dieser Beziehung war wohl „Der große Gatsby“. Denn Liebe und Hass lagen in der Ehe der zwei US-amerikanischen Autoren nah beieinander. Als charakteristische Vertreter ihrer Zeit erlebten Francis und Zelda die Zwanziger Jahre in all ihren Ekstasen und Exzessen. Es gab keine Ausschweifung, die Fitzgerald und sein Flapper Girl ausließen. Die Beziehung der beiden war geprägt von bipolaren Phasen, die von völliger Hingabe zu völliger Verzweiflung reichten. Ihre Beziehungskrisen breiteten sie mitunter auch in ihren Romanen aus. Während Fitzgerald die Beziehung in seinem Roman, „Zärtlich ist die Nacht“, aufarbeitet, enthält Zeldas, „Ein Walzer für mich“, autobiografische Züge. Letzterer soll vor seiner Veröffentlichung praktischerweise von Francis Scott Fitzgerald aufs Wesentlichste gekürzt worden sein. Ob es nun Francis Alkohol- oder Zeldas Geisteskrankheit war, die ihn zu seinen teils abwertenden Äußerungen verleitete, wird wohl immer ungewiss bleiben. Tatsächlich soll er aber einmal zu seinem Psychiater gesagt haben: „Sie ist eine drittklassige Schriftstellerin und eine drittklassige Balletttänzerin – mit der Einstellung einer billigen Prostituierten, die zu keinem Mann aufrichtige Liebe empfinden kann.“

Virginia Woolf und Vita Sackville-West

Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Jedenfalls nicht Vita Sackville-West, wenn man ihre ehrerbietigen Schilderungen liest: „Ich bete Virginia an. Da ich mein eigenes Geschlecht bevorzuge, habe ich die Absicht, in Zukunft nur noch die Gesellschaft von Frauen zu kultivieren. Männer sind immer alle im Licht: Mit Frauen schwimmt man sofort in die schweigende Dämmerung.“ Von vergleichbarer Verliebtheit war auch Virginia ergriffen. Für ihr Werk „Orlando“ soll Vita Inspiration und Vorbild gewesen sein – ein Werk, das von Vitas Sohn heute als einer der „längsten Liebesbriefe, die jemals geschrieben wurden“, betitelt wird. Die intime, auf intellektueller und seelischer Ebene vollkommene Beziehung, führten Vita und Virginia übrigens bis zu Virginias Freitod 1941 nebst bestehender Ehen.

Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre

Die Philosophie der offenen Beziehung praktizierten Sartre und De Beauvoir ganze 51 Jahre lang. Das Intellektuellenpaar begegnete sich in ihren frühen Zwanzigern. De Beauvoir, eine Frau mit freier Geisteshaltung, war nicht bereit für eine feste Bindung. So schlossen die beiden einen Pakt, der ihnen eine moderne, von gesellschaftlichen Konventionen befreite Bindung erlaubte. Sexuelle Freizügigkeit erlaubten sich sowohl Sartre als auch De Beauvoir. Letztere hatte zeitlebens auch homosexuelle Affären. Geistig blieb De Beauvoir Sartre treu bis zum Schluss. Die Autorin von, „Das andere Geschlecht“, soll wie eine Witwe an Sartres Grab gestanden sein. Über Sartre sagte sie einmal: „Mich hat an ihm fasziniert, dass er intelligenter war als ich, beziehungsweise geschickter darin war, seine Intelligenz zu gebrauchen. Und dann faszinierte mich seine Vitalität, seine Generosität, seine Wärme, sein Witz.“ Die wohl philosophischste Liebesgeschichte aller Zeiten wurde 2006 auch im Film, „Der Liebespakt: Simone de Beauvoir und Sartre“ festgehalten.

Max Frisch und Ingeborg Bachmann

Zerstörerisch soll die Beziehung mit Max Frisch für die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann gewesen sein. Was in romantischer Manie in Paris begann, sollte in verzweifelter Tragik in Rom wieder enden. Vier Jahre lang, von 1958 bis 1962, pflegte das Paar den Versuch einer festen Beziehung. Schließlich verliebte sich Max Frisch in die gemeinsame Bekannte Marianne Oellers, für die er Ingeborg nach der Fertigstellung seines Werks, „Gantenbein“, verließ. Später sollte Bachmann das Werk als öffentliche Entblätterung verachten: „Das Buch, der Missbrauch eines Menschen, mit dem man fast fünf Jahre gelebt hat, als Studienobjekt, sind nicht ungeschehen zu machen.“ Übrigens soll sich auch Max Frischs spätere Ehefrau entsetzt als Literaturstudie erkannt haben. Wie sehr die Beziehung zu Frisch Bachmann zugesetzt haben soll, erschließt sich in, „Male Oscuro. Aufzeichnungen aus der Zeit der Krankheit“, aus ihren posthum veröffentlichten Briefen und Aufzeichnungen.

Welche berühmten Paare der Literaturgeschichte haben Sie inspiriert? Wir freuen uns auf Ihre Geschichten in den Kommentaren.

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