Eine literarische Landkarte für ungehemmten Lesegenuss offenbart sich in Bücherdörfern auf der ganzen Welt. Wir vom novum Verlag haben die Hot Plots der Bücherstädte recherchiert.

Es war 1961, als Richard George William Pitt Booth die Idee des Bücherdorfs begründete. Mit Besorgnis stellte der Bücherenthusiast nach seinem Studium fest, dass die Bewohner von Hay-on-Wye ein ebenso schwindendes Interesse an Büchern wie an ihrer Heimat aufbrachten. Der Walise fühlte sich dazu berufen etwas zu unternehmen – sowohl gegen die schwindenden Leser- als auch die schwindende Einwohnerzahl. Kurz entschlossen kaufte der Absolvent der Oxford Universität den Nachlass aufgelassener, amerikanischer Buchläden auf, verschachtelte die Bücherschätze aus New York und Co. in einem Container und verfrachtete sie nach Wales. In Hay-on-Wye angekommen schlichtete er die wertvolle Fracht in die Bücherregale seines ersten, eigenen Buchantiquariats. Schnell war die still gelegte Feuerwehrstation, die in Zukunft nur noch den Lesedurst interessierter Touristen stillen sollte, in ein prachtvoll bestücktes Buchgeschäft verwandelt worden. Es dauerte nicht lange, da zogen auch andere Stadtbewohner der Idee nach und das erste Bücherdorf der Welt war geboren. Heute birgt die Stadt mit weniger als 2.000 Einwohnern knapp 40 Antiquariate und einen Reichtum von etwa Zwei Millionen Büchern. Den Touristen Wales ist die weltweit größte Bücherstadt längst zum Tumultplatz für Kultur geworden. Richard George William Pitt Booth hat sich zum König von Hay ernannt und mit Hay-on-Wye ein Vorbild für Bücherdörfer auf der ganzen Welt geschaffen. Organisiert sind die Bücherdörfer in der „International Organization of Book Towns“, kurz „IOB“ genannt. Die mehr als 30 Städte locken Leseliebhaber auf gleich mehreren Kontinenten zu den literarischen Schätzen dieser Welt.

Wer den Duft von Büchern und Nostalgieliteratur noch diesen Sommer atmen will, für den haben wir vom novum Verlag unsere Highlights zum Thema Bücherstädte zusammengefasst. Eine Übersicht über alle Bücherstädte und deren Aktivitäten gibt auch die offizielle Website der IOB, die hier zu finden ist. Passende Literaturhotels haben wir außerdem hier für Sie zusammengefasst.

BÜCHER UND BUNKER

Zu einer der interessantesten Bücherstädte zählt wohl die Bücher- und Bunkerstadt Wünsdorf. Der Ort im Land Brandenburg zählt ganze 350.000 literarische Artefakte zu seinen 6.000 Einwohnern. Daneben blickt die Kommune auf eine spannende Militärgeschichte zurück, die Besucher durch gewaltige Bunkeranlagen tief unter das Erdreich entführt.

GESCHICHTEN UND GRACHTEN

Die Nationalbücherstadt der Niederlande schlechthin ist wohl Bredevoort. Mit inzwischen mehr als 30 Antiquariaten für Bücher, einen Bücherbindedienst, Buchmärkten und Kunstgalerien bildet der Ort im Gelderland den wohl schönsten Hot Spot für die nächste Reise nach Niederlande. Bücherfans genießen vor allem die zahlreichen Leseplätze, die wahlweise auf der Poesieroute oder direkt an der romantischen Großen Gracht des Städtchens zu finden sind.

NATUR UND NOVELLEN

Rund 200.000 Menschen starten jedes Jahr wieder der belgischen Bücherstadt Redu einen Besuch ab. Das Dorf in den Ardennen wartet mit insgesamt 24 Antiquariaten auf, die, eingebettet zwischen sanfter Natur- und Hügellandschaft, das Büchervolk bezirzen. Wer beharrlich stöbert, stößt unter anderem auf Bücherfundstücke in französischer, deutscher oder auch englischer Sprache. Vom Backbuch bis zum Comic ist im Bücherlabyrinth Redus praktisch alles vertreten, was in Bildern oder Buchstaben zu sprechen pflegt.

AUTOREN UND AUSTAUSCH

Das Hay Festival findet als eines der bedeutendsten Literaturfestivals jedes Jahr zwischen Mai und Juni in Hay-of-Wye statt und lockt in diesem Zeitraum bis zu 80.000 Kulturinteressierte aus aller Welt nach Wales. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen Nobelpreisträger, Schriftsteller, Wissenschafter, Politiker und Historiker aus internationalen Kreisen, die sich den Fragen ihrer Leserschaft auf Augenhöhe stellen. Erst dieses Jahr wartete das Hay Festival wieder mit renommierten Starautoren wie Philip Pullman, unter anderem Schöpfer der Buchreihe um den Goldenen Kompass, auf. Daneben wagten die Veranstalter mit Initiativen wie der #VOTE100BOOKS Kampagne, in deren Rahmen 100 Bücher der wichtigsten Schriftstellerinnen, einen Ausfallschritt über das Gender Gap in Richtung Zukunft. Die Auswahl, die unter anderem gemeinsam mit der feministischen Plattform „The Pool“ entstanden ist, wird auf weiteren Hay Festivals am ganzen Globus diskutiert werden und umfasst unter anderem prominente Namen wie Astrid Lindgren, Anne Frank oder auch Joanne K. Rowling. Die komplette Liste finden Interessierte auch hier.

Ableger des Festivals finden dieses Jahr auch noch in Mexiko, Spanien, England und Südamerika statt. Die Leselust der Bücherstädte kennt praktisch keine Grenzen. Und welchem literarischen Hot Spot statten Sie diesen Sommer noch einen Besuch ab? Hinterlassen Sie uns Ihre Empfehlungen in den Kommentaren!

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