Wie macht man beim Schreiben eigentlich eine gute Figur? Reale Ideen für fiktive Figuren haben wir für Neuautoren zusammengefasst.

Madame Bovary, Severus Snape, Tyrion Lannister – die Tiefe, mit denen die Hauptfiguren unserer Lieblingsromane gezeichnet sind, gleicht nicht selten jener, die sie in uns hinterlassen. Mitunter bewegt die Geschichte von Protagonisten mehr als die eigene, ihr Schicksal schmerzt echter als die Realität. Wie viele Leser haben wohl schon bittere Tränen vergossen, als Albus Dumbledores Magie am Astronomieturm für immer verloschen ist? Und wer hoffte nicht bis zur allerletzten Seite auf doch noch ein hoffnungsfrohes Ende für Jean Valjean?

Fakt oder Fiktion? Tipps für fiktive Figuren!

Umso länger man darüber nachsinnt, umso befremdlicher erscheint im Zusammenhang mit Figuren der Begriff der Fiktion. Denn die Echtheit, mit der sie auf die Seiten skizziert sind, macht ihre Biographie so lebendig wie lebensecht. Doch wie gelingt dieser Geniestreich charakteristischer Fantastik? Woher beziehen Autoren ihre Inspiration für Protagonist oder Antagonist, für Held oder Antiheld? Wir vom novum Verlag haben die Geheimtricks echter Existenzen exzerpiert und für die fiktiven Figuren von fleißigen Neuautoren zusammengefasst.

  • Schauplatz: Stellen Sie sich Ihre Hauptfigur in deren Terrain vor. Wo lebt sie? Wo arbeitet sie? Wo isst sie zu Mittag? Viele Charaktereigenschaften Ihrer Figur lassen sich alleine schon aus ihren Gewohnheiten ableiten. Selbst kleine Klischees sind ab und an erlaubt, weswegen Francois getrost auch einmal mit einem Baguette im Fahrradkorb durch die Bretagne fahren darf.
  • Position: Ein Beruf ist nicht immer Passion, doch im Zusammenhang mit dem Persönlichkeitsbild kann er sehr aufschlussreich sein. Stereotype erleichtern dem Publikum den Kennenlernprozess erheblich, sie sollten aber ebenso bewusst eingesetzt wie vermieden werden. So kann es vorkommen, dass der Leser den Protagonisten bei der Polizei für eine Autoritätsperson hält, obwohl man mit dem Berufsbild und der damit erforderlichen Bereitschaft zur Disziplin das genaue Gegenteil ausdrücken wollte.
  • Aussehen: Äußerlichkeiten erzeugen nicht nur Bilder, sondern sie können dem Leser auch die Persönlichkeit einer Person eröffnen. So können sowohl Geschlecht, als auch Alter und Kleidung Charaktermerkmale preisgeben. Gefärbtes Haar im gereiften Alter mag zum Beispiel ein Hinweis für Eitelkeit sein, während die Hautfarbe etwas über die Wurzeln und die Länge der Fingernägel etwas über den Hygienezustand verraten kann. Für die Beschreibung einer Person können sie durchaus auch Suchmaschinen zu Rate ziehen. Suchen Sie Bilder verschiedener Persönlichkeiten und versuchen Sie sich deren Gesichter genau einzuprägen. Welche Farbe haben die Augen? Wie ist die Haut beschaffen, die Kontur der Lippen gezeichnet, das Grübchen am Kinn gekerbt? Bedienen Sie sich für das Formen Ihrer Figur ruhigen Gewissens auch völlig fremden Gesichtern. Ihre Leser werden es nie erfahren.
  • Verhalten: Versucht man eine Person mit dem klassischen Repertoire an Attributen und Eigenschaftswörtern zu beschreiben, läuft man schnell Gefahr stilistisch einen Fahndungsbrief aufzusetzen. Anstatt also auf altbekannte Adjektive zurückzugreifen, kann man die Figur auch durch ihre Verhaltensweisen darstellen. Trauen Sie Ihren Lesern hier ruhig ein wenig Fantasie zu! Sätze wie, „Susanne war spontan“, können so zum Beispiel durch reichere wie, „Susanne stieg ohne zu zögern in den Zug und ratterte Prag rasend wie auf brennenden Rädern entgegen“, ersetzt werden. So erhält Ihre Figur nicht nur Farbe, sondern auch Ihre Erzählung Substanz. Darüber hinaus sollten Sie mit Eigenarten und/ oder Marotten entsprechende Schattierungen setzen – oft sind es die kleinen Eigenheiten, die eine Figur erst spannend machen.
  • Recherchearbeit: Was haben Karl Kraus und Daniel Glattauer gemeinsam? Beide gelten nicht nur als gewissenhafte Journalisten, sondern auch als herausragende Schriftsteller. Texte mit Tiefgang und Dichte zeichnen sich durch solide Handlungsstränge aus. Tiefenrecherche ist unentbehrlich, will man authentische Textinhalte und –figuren schaffen. Als Paradebeispiel hierfür gilt unter anderem John Irving, der für die Beschreibung von Figuren wie Homer Wels und dessen Ausübung des Medizinberufs den Anschein erweckt, als habe er für sein Schaffenswerk „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ erst noch Gynäkologie studiert.
  • Name: Originelle Namen geben der Fiktion noch Feinschliff. Ideen zur Taufe von Autoren sowie Romanfiguren finden Sie unter anderem hier. Aber auch einfache Tipps wie die Suche in einem Abspann nach einem Film, einem Namensbuch oder die Zuhilfenahme eines Namengenerators können bei der Namensfindung hilfreich sein.
  • Fantasie: Ihr Buch ist Ihr Werk und damit Spielwiese für kreative Freiheit. Versuchen Sie sich bei der Kreation von Figuren oder Begebenheiten von Konventionen zu lösen und bringen Sie Ihren Erfindungsreichtum in die Erzählung ein. Vergessen Sie zum Beispiel nicht, dass Ihre Hauptfigur nicht unbedingt ein Mensch sein muss – auch Tiere und Fabelwesen dürfen in der Welt der Bücher Personen sein. Sie brauchen sich beim Schreiben nicht einzuschränken – den Inhalt Ihres Buchs bestimmen nämlich ganz alleine Sie.

 Sollte die Fantasie nach unseren Tipps immer noch streiken, versuchen Sie es doch einfach einmal nach dem Zwiebelprinzip und nähern Sie sich Ihren Figuren von außen nach innen an. Auch hinter einem echten Menschen liegt immer schon ein Stück Geschichte. Beginnen Sie also zuerst mit der Geschichte und füllen sie dann erst mit den passenden Statisten – und Sie werden sehen, die Persönlichkeitsentwicklung passiert praktisch wie von selbst.

Lassen Sie Ihrer Tastatur freien Lauf!

Ihr novum Verlag