Am 18. November 2016 ist wieder Vorlesetag. Warum Eltern die Stimme aus dem Hörbuch durch ihre eigene ersetzen sollten und was ein gutes Kinderbuch eigentlich ausmacht, verrät der novum Verlag.
Vorlesen – vielen liegt die Erinnerung ans abendliche Vorleseritual wohl so warm im Gedächtnis wie die Decke, in die sie dabei eingewickelt lagen. Wenn Mama oder Papa, in belletristischster Fantasie sogar beide, den kindlichen Abend mit einem Buch bis zur spätesten Schlafstunde ausreizten, dann fühlte sich die ganze Welt irgendwie nach Weihnachten an. Manchmal zog sich der Zauber sogar hindurch bis zum nächsten Morgen. Denn wenn die Figuren aus den Büchern, die Fabelwesen, die Feen, Hexen und Helden unserer Lieblingsgeschichten aufeinmal auch in unseren Träumen wahr wurden, dann erlebten wir auch unsere eigene Welt als einziges Märchen.
Welchen Stellenwert diese nächtlichen Lesungen für uns hatten, zeichnet sich schon daran ab, wie genau wir uns noch an die Geschichten aus unseren Kindertagen erinnern können. Ganz gleich welche Geschichten durch unsere Traumwelten wandelten, ob es nun das Rumpelstilzchen, das Sandmännchen oder auch der Kleine Prinz war, wir erinnern uns an die Erzählzeit als wäre es gestern gewesen. Wie viele Sorgen weniger hätten wir gehabt, hätten wir uns nur einen Bruchteil des Stoffs, der uns aus den Erzählstunden im Gedächtnis geblieben ist, gemerkt, als wir noch die Schulbank drückten?
Vorlesetag an jedem Tag
Damit die Bedeutung des Vorlesens auch in unserer schnelllebigen Zeit nicht an Ausmaß verliert, haben die Stiftung Lesen, die Deutsche Bahn Stiftung sowie das Zeit Magazin vor einigen Jahren den Vorlesetag ins Leben gerufen. Der belesene Tag wurde in Deutschland erstmals 2004 begangen, findet seither an jedem dritten Freitag im November statt und soll zu mehr Zweisamkeit über dem Buch anregen. Die Stiftung Lesen, die mit ihren Projekten die Lesekompetenz auch in moderner Medienkultur fördern will, verwirklicht seit 1988 Initiativen vom Kindergarten bis zum Buchladen. Mit dem Vorlesetag hat die Stiftung auch prominente Gesichter für sich gewonnen. Unter anderem zählen Politiker Wolfgang Schäuble, Schauspielerin Veronica Ferres oder Journalistin Alice Schwarzer zu den bekannten Vorlesern, die der Initiative für Schulen, Kindergärten oder auch den Tierpark ihre Stimme leihen. Wer dem Literaturkanon beiwohnen will, kann seine Stimmbänder übrigens als Einzelperson oder auch als Gruppe zur Verfügung stellen, indem er sich rechtzeitig auf der Aktionswebsite anmeldet.
Die Wichtigkeit des Vorlesetages ist immanent, fördert Vorlesen doch nachweislich nicht nur die Lese-, sondern auch die Sozialkompetenz ab dem Kindesalter. Studien der Stiftung Lesen attestierten Kindern zwischen acht und zwölf Jahren, die regelmäßig in den Genuss einer Lesung durch einen Elternteil kämen, nicht nur mehr Empathievermögen, Gerechtigkeitssinn und Selbstbewusstsein, sondern auch einen erweiterten Wortschatz und dadurch optimiertes Bildungspotential.
Gute Geschichte? Die Qualitätskriterien für ein gutes Kinderbuch
Doch wodurch kennzeichnet sich eigentlich geeigneter Lesestoff für Kinder? Wie wählen gewissenhafte Eltern die richtige Literatur aus einem Sammelsurium buntester Geschichten aus? Die Auswahlkriterien für ein leserliches Abendprogramm hat der novum Verlag zusammengefasst.
- Dramaturgie: Gerade in Kinderbüchern sollte der Spannungsbogen klar und kompakt herausgearbeitet sein, ist doch die Aufmerksamkeitsspanne der Kleinsten enden wollend. Authentizität, Identifikationsgrad, Schauplatz und Figuren sind Faktoren, die ein Buch für ein Kind erst spannend machen. Als Faustregel gilt: Umso näher die Erzählung an der Welt des Kindes ist, umso mehr Interesse bringt es in der Regel dafür auf.
- Themenwelt: Am Anfang jeder Buchauswahl sollte immer die implizite Frage stehen: „Was will ich meinem Kind beibringen?“ Der pädagogische Wert eines guten Kinderbuchs ist unumstritten. Ob ein stressfreier Besuch beim Zahnarzt, ein faires Miteinander in der Schule oder ehrliche Kommunikation – Bücher bilden einen kompetenten Lehrkörper. Komplexe oder Tabuthemen wie Rassismus, Gewalt oder Streit sollten nicht an der Tagesordnung stehen. Wichtig ist die Vermittlung wesentlicher Werte an positiven Beispielen.
- Schreibstil: Zu lange Sätze, komplizierte Satzkonstellationen oder Fremdwörter erschweren das Verständnis und zehren an der Aufnahmefähigkeit der Erstleser. Die Altersempfehlungen auf der Buchrückseite geben Aufschluss über eine adäquate Auswahl.
- Bildsprache: Kinder achten mehr auf Mimik als Erwachsene, daher ist Detailliebe in der Bildsprache unerlässlich. Feinheiten in den Darstellungen regen außerdem zur Auseinandersetzung mit den Inhalten und länger währender Neugier an. Generell sollten die Bilder in die Tiefe gehen, anstatt Geschriebenes plakativ zu wiederholen. Außerdem sollte das Verhältnis zwischen Text und Illustrationen ausgewogen sein.
- Geschmack: Auch der persönliche Geschmack will getroffen sein, denn hält sich der Unterhaltungswert in Grenzen, so kann selbst beim gemeinsamen Lesen keine Rede von Quality Time sein. Tipp: Lesen Sie das Buch selbst, bevor sie es mit Ihrem Kind teilen – so kommt es während des Lesevergnügens nicht zu unangenehmen Überraschungen.
- Erweiterter Spielraum: Ein Buch ist ein Reich fürs Detail – dennoch sollte der Tiefgang der eigenen Fantasie nichts vorwegnehmen. Ein gutes Buch lässt auch noch Freiraum für eigene Gedanken – und fördert damit Lernkompetenz und Kreativität von Kindern.
Sie suchen noch nach einem Kinderbuch, das Groß und Klein gleichermaßen anspricht? Ein Buch, das von amerikanischen Pädagogen erst kürzlich zu einem der 100 besten Kinder- und Jugendbücher der Welt gekürt wurde ist „Die hundert Kleider“ aus dem novum Verlag. Mit kindlicher Feder erzählt Eleanor Estes von Vorurteilen, Fremde und Gewissen. Eine Leseprobe finden Sie auch hier!
Lesen auch Sie Ihren Kindern regelmäßig vor? Welche Kinderbücher zählen zu Ihren persönlichen Bestsellern? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!
Lassen Sie Ihrer Tastatur freien Lauf,
Ihr novum Verlag.
30. November 2016 at 23:52
Meinen beiden Nichten und meinem Neffen lese ich meistens “Das kleine Ich-bin-Ich” vor. Das war früher eines von meinen Lieblingsgeschichten.