Die Suche nach dem passenden Buchtitel verläuft oft zäh. Kurz, knapp und knackig, originell und noch nie da gewesen soll er sein – und dabei vorzugsweise gleich die ganze Geschichte erzählen. Wir haben hinter die Schale geschaut und verraten Euch mit praktischen Tipps, wie Ihr Euch bei der Titelsuche übers Schneckentempo hinwegsetzt.

Im Schneckentempo (c) Rafaela Carmen Scharf

„Gottes Werk und Teufels Beitrag“, „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“, „Veronika beschließt zu sterben“ oder auch „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ – Diesen Buchtiteln ist ausnahmslos eines gemeinsam. Sie sind gut. Sie fesseln. Sie gehen einfach nicht mehr aus dem Kopf. Dabei wirken sie auf den ersten Blick doch sonderbar sperrig. Vor allem bei Jonas Jonassons Bestseller fühlt man sich eher wenig an das gute, alte Werbecredo: „Keep it short and simple“ erinnert. Und auch Milan Kundera hat sich beim Titeln intellektuell ausgetobt und verlangt vom Leser in spe schon lange vor dem Blättern eine angestrengte, stark in Falten gelegte Mimik.

Doch was ist es dann, was diese Titel so markant macht? Warum stechen ausgerechnet diese und nicht andere, weniger verworrene Verbalketten ins Auge? Ist es wirklich der Titel, oder nicht viel mehr die dahinter stehende Geschichte, die sich uns einprägt wie ein Wachssiegel? Oder kann ein überragender Titel tatsächlich über einen mittelmäßigen Inhalt hinwegtäuschen? Die Antworten auf diese Fragen werden, wie so oft, wahrscheinlich sehr subjektiv ausfallen. Dennoch gibt es durchaus einige Charakteristika, die gute Titel auszeichnen und die sich so mancher bei der verzweifelten Suche nach der attraktivsten Verpackung für seine Wortkreation zu Nutze machen kann. Die findigsten Tricks bei der Titelsuche haben wir vom Novum Verlag für Euch ausprobiert. Vorab sei jedoch gesagt, dass es sich mit dem Fahnden nach Überschriften, die mit ihrer Wortgewalt ganze Welten aus den Angeln rücken, so wie mit der berühmten Suche nach dem Glück verhält: Wer fieberhaft danach sucht, wird selten fündig – die wertvollsten Dinge fliegen einem zumeist von ganz allein zu, und zwar immer dann, wenn man sie am wenigsten erwartet. Bis es so weit ist, könnt Ihr jedoch gern in unserer Titel-Trickkiste stöbern:

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Mit der Suche nach dem perfekten Titel verhält es sich meist wie mit der Suche nach dem Glück – Wer fieberhaft danach sucht, wird selten fündig. 

1) Das Beste kommt zum Schluss – Es macht wenig Sinn, sich schon vor dem Fertigstellen eines Buchs allzu intensiv Gedanken über dessen Titel zu machen. In den meisten Fällen stoßt Ihr während des Schreibprozesses wie von selbst auf die leuchtenden Lettern, die der Welt auf den Buchcovern der Zukunft Euer Genie verkünden werden. Abwarten und in die Tasten klimpern, lautet also die zielführende Devise.

Festhalten (c) Rafaela Carmen Scharf

Das Beste kommt zum Schluss – Also immer schön dranbleiben und in die Tasten klimpern!

2) Die Essenz der Sache – Wahrscheinlich habt auch Ihr schon einmal beim Lesen festgestellt, dass ein im Buch enthaltener Satz, eine Phrase oder Textstelle exakt den Titel der Story repräsentiert. Beispiele dafür sind Titel wie Nicholas Sparks „Das Leuchten der Stille“, Jojo Moyes „Ein ganzes halbes Jahr“ oder auch Klassiker wie Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“. Wie originell oder auch weniger originell Euer Titel also auch immer ausfallen mag, wichtig ist, dass er die gesamte Geschichte im Kern widerspiegelt, sozusagen ihre Essenz enthält. Haltet es beim Titeln ruhig wie mit dem altbekannten Sprichwort: „Man trägt sein Herz auf der Zunge“ und posaunt Eure Botschaft geradezu in die Welt der Bücher hinaus!

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Ein guter Titel erfasst die Sache im Kern und lässt schon vorab erahnen, was sich hinter der Schale verbirgt!

3) Gefühl und Verstand – Je nach Genre, ob nun Ratgeber, Sachbuch oder Belletristik, variiert natürlich auch der Titel. Während Ihr beim Fachbuch eher auf sachliche Information, zielgruppengerecht aufbereitet, setzen solltet – der Sachbuchleser sucht meist ganz gezielt nach einer Information, vorzugsweise frei von allzu kryptischen Botschaften – sollten sich fiktive Genres, wie beispielsweise Romane, eher mit Gefühlen schmücken. Emotionalisieren ist erlaubt, drückt ruhig mal ein bisschen auf die Tränendrüse. Falls Ihr das Poetischsein auch beim Fachsimpeln fürs Sachbuch einfach nicht sein lassen könnt, behelft Euch einfach mit einem Untertitel. Dann kann eigentlich gar nichts mehr schief gehen.

4) Auf Alliterationen achten – Rhetorische Stilmittel wirken einerseits bei der Titelsuche wahre Wunder, erzeugen aber andererseits auch beim Publikum bleibenden Eindruck. Metaphern, Anaphern, Alliterationen – Sie alle sind Relikte der antiken Redekunst, die auch heute noch einem Kunstwerk gleich ihre volle Wirkung entfalten.

5) Ein gutes Namensgedächtnis – Madame Bovary, Effie Briest, Jane Eyre, Anna Karenina oder auch einfach nur Gatsby – Wem partout kein perfekter Titel einfallen will, der greift kurzerhand einfach auf die Namen seiner Hauptfiguren als Aushängeschild zurück. Natürlich wollen wir hier weder Flaubert, Fontane oder gar Fitzgerald ihre Originalität absprechen. Wir wollten es jedoch zumindest erwähnt haben, nur für den Fall!

6) Die Herztrompete – Ein gängiger Trick der Werbebranche, der durchaus auch in belesenen Kreisen zulässig ist, ist das Wörtermixen aus schon Vorhandenem. Klappt garantiert immer, macht Spaß, keiner muss es je erfahren, wir wissen von nichts und funktioniert folgendermaßen: Buch aufschlagen – Wörter verschiedener Seiten wahllos aneinanderreihen – Ergebnis besehen – schmunzeln – titeln. Für uns hat übrigens Stefan Zweig einen eigenen Wortcocktail gemixt und so die „Herztrompete“ aus „Ungeduld des Herzens“ geschüttelt.

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Buchtitel dürfen ruhig auch mal ein bisschen blumiger ausfallen. Gefühle wecken könnt Ihr zum Beispiel mit den Wortkreationen von Stefan Zweig.

7) Ein Sinn mit Stimme – Wenn nichts mehr hilft, hilft immer noch der virtuelle Buchtitelgenerator. Auf der Website werden Titel per Zufallsgenerator erzeugt. Aus insgesamt 200 Substantiven und 600 Adjektiven ergeben sich je sechs Titel, die sich, wenn schon nicht für ein Buch, so zumindest für ein bisschen Unterhaltung zwischen dem Titelfrust eignen. Bei uns sorgte „Ein Sinn mit Stimme“ sogar für eine angeregte Philosophiestunde.

8) Sich selbst überraschen – Wie es sich mit der Suche nach dem perfekten Titel auch verhält, wichtig ist, dass Ihr nicht verzweifelt oder gar aufgebt. Lasst Euch vom Alltag, von der Natur und vom Leben inspirieren und verdrießt nicht! Manchmal kommt der Titel in einem gänzlich unerwarteten Moment zu uns, mitunter sogar mitten im Traum, nachdem er schon lange Zeit ganz tief in uns geschlummert hat. Und vergesst nicht, Ihr habt gerade ein Buch geschrieben – wie groß kann die Herausforderung der Titelsuche dann schon sein?

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Ausschau halten – Oft fliegt einem der passende Titel gerade dann zu, wenn man am wenigsten damit rechnet. Ein bisschen Schummeln ist außerdem auch erlaubt. 

9) Betaphase – Seid offen für Kritik und stellt den Titel, den Ihr angedacht habt, auch im Freundes- und Familienkreis vor! Zwar lässt sich über Geschmack ja bekanntlich nicht streiten, dennoch kann es sein, dass ihr mithilfe konstruktiver Vorschläge vom guten zum wirklich perfekten Titel findet.

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Bei der langwierigen Suche nach dem perfekten Titel lautet die Devise – Vier Augen sehen mehr als zwei!

Solltet Ihr bei der Titelsuche trotz all unserer Tipps und wider Erwarten dennoch versagen, so grämt Euch nicht. Denn selbst der eigenwilligste Titel birgt das Potential, in die Annalen der Titelgeschichten einzugehen, wie sich auf der Leipziger Buchmesse erst kürzlich gezeigt hat. Dort wurde dieses Jahr zum bereits zweiten Mal der Preis für den kuriosesten Buchtitel vergeben. Und so gelangten schließlich auch „Die Einsamkeit des Fliesennobelpreislegers“, „Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte“ und „Ich hab dich rein optisch nicht verstanden“ noch zu so einigem Ruhm.

Die Shortlist der Titel, die 2014 für den ungewöhnlichsten Buchtitel nominiert waren, wollen wir Euch zu guter Letzt ebenfalls nicht vorenthalten:

  • „Wir sind glücklich, unsere Mundwinkel zeigen in die Sternennacht, wie bei Angela Merkel, wenn sie einen Handstand macht“ (Thomas Spitzer)
  • „Wenn das die Lösung ist, will ich mein Problem zurück“ (Nelly Arnold)
  • „Henry Frottey – Sein erster Fall: Teil 2 – Das Ende der Trilogie: Ein Roman in Schwarzweiß“ (Jan Philipp Zymny)
  • „Die Einsamkeit des Fliesennobelpreislegers“ (Dirk Bernemann)
  • „Schnall dich an, sonst stirbt ein Einhorn!“ (Johannes Hayers)
  • „Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte“ (Romain Puértolas)
  • „Ich hab‘ dich rein optisch nicht verstanden“ (Sören Sieg)
  • „Kaum macht man mal was falsch, ist das auch wieder nicht richtig“ (Kirsten Fuchs)
  • „Kopf hoch, sprach der Henker“ (Michael-André Werner)
  • „Ich bin nicht süß, ich hab‘ bloß Zucker“ (Renate Bergmann)

Kennt auch Ihr außergewöhnliche, besonders gelungene oder einfach nur berühmte Buchtitel, an denen man sich ein Beispiel nehmen kann? Wir sind schon gespannt auf Eure Beiträge! Viel Durchhaltevermögen bei der Titelsuche wünscht Euer Novum Verlag!

„Lasst Eurer Tastatur freien Lauf!“

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„Glück ist die angenehmste Art des Zufalls“, Werner Mitsch – Beim Titeln dürft Ihr Euch ruhig auch mal ein bisschen auf Euer Glück verlassen!